zackig – modulares Stadtmöbel von Simon Kurze

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Wie kamst du auf die Idee, dein modulares Stadtmöbel »zackig« zu entwerfen?

Die Idee kam mir während eines Semester-Projektes für das Spiel- und Lerndesign an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, das Thema war »Spielen Draußen«.

Auf der Suche nach Spielen streifte ich zusammen mit meiner Studienkollegin Gesa Janßen durch Halle. Es war schwierig, denn Kreidespiele wie »Himmel und Hölle«, Mäuerchen laufen o.ä. wie wir sie aus unserer Kindheit kannten, fanden wir nicht – wir fanden eigentlich sehr wenig.

Spielen findet heute im Kindergarten, Schule, Spielplatz oder Sportverein statt – eingezäunt und kontrolliert. Um dem entgegen zu arbeiten, fingen wir an zu intervenieren, hervorzuheben und aufzufordern, denn es gibt an jeder Ecke und in jeder Straße Interessantes zu entdecken.

Mit wasserlöslicher Farbe und Pinsel malten wir Punkte, Linien und Pfeile auf die Straße – und schwupps wurde gespielt. Unsere Schlussfolgerung: Es braucht eine Aufforderung, eine Art Legitimation. Diese Feststellung und die schiere Erschrockenheit darüber, dass wir unseren öffentlichen Raum großzügig als Abstellfläche für PKW’s, Mülleimer und Betonsteinen nutzen, ließ mich einfach nicht mehr los.

Deshalb entschloss ich, mit meiner Masterarbeit an dieses Projekt anzuschließen. Bücher wie »Städte für Menschen« von Jan Gehl bestärkten mich darin, dass der Raum in Städten an vielen Orten verschwendet bzw. falsch genutzt wird.

Die potenzielle Erweiterung unseres Lebensraums ist unsichtbar. Also dachte ich mir, es braucht wieder eine Aufforderung, die den Menschen sagt: Nutzt den Raum! Die Straße gehört euch! Macht was draus!

Um den Bürger:innen unter die Arme zu greifen entwickelte ich »zackig« –  ein modulares Stadtmöbel, dass auf jedem Untergrund aufgestellt werden kann und auf differierende Bedürfnisse eingeht. Zackig ist wie ein übergroßer Baukasten aufgebaut; die Hauptbestandteile sind gelochte Holzbalken und Edelstahlrohre. Und daraus lässt sich von einer einfachen Sitzbank bis zum Spielplatz alles bauen.

Um den Zugang zu erleichtern, entwickelte ich zusätzlich einen kleinen Baukasten (Maßstab 1:10). Damit ist es sehr leicht, Modelle zu erstellen und zum Beispiel in einem partizipativen Prozess mit Bürger:innen und/oder Stadtplaner:innen vor Ort zu spielen, zu planen und zu träumen.

Aktuell ist dein spielerisches Stadtmöbel noch ein Prototyp – was sind deine Pläne für die Zukunft?

Konkrete Pläne gibt es noch nicht, aber ich habe Träume und bin motiviert, es in einem größeren Maßstab umzusetzen. Zackig  ist als dauerhafte Installation ausgelegt, kann aber ebenso auch temporär aufgestellt werden, mit der Zeit erweitert oder zurückgebaut werden. Ich würde gerne die Gelegenheit nutzen um »zackig« in Städten aufzustellen, dafür bedarf es noch weitere Kommunikation, einen Ort und natürlich auch die notwendigen finanziellen Mittel.

Gibt es noch etwas, was du uns über „zackig“ erzählen möchtest?

Ja, bei der Entwicklung war mir ganz wichtig, dass sich am Ende alle Nutzer:innen –  groß, klein, alt, jung angesprochen fühlen, also nach Möglichkeit ein inklusives Design entsteht. Zudem wollte ich, dass alle verwendeten Materialien ökologisch vertretbar sind und die entstehenden Objekte reparierbar und zerlegbar sind.

Noch einige persönliche Fragen zum Schluss: Erzähle uns kurz deinen Werdegang Simon –  was war besonders prägend für dich?

Nach der Schule zog ich von Usedom nach Dresden und studierte an der TU Forstwissenschaften, um genau nach 2 Semestern abzubrechen. Die Zeit dort war kurz aber prägsam. Danach fing ich an der HTW an, Produktgestaltung zu studieren.

Während meines Studiums lernte ich Hans-Georg Kellner aus Tabarz kennen und absolvierte sogleich ein Praktikum in seiner Firma Kellner.Spiel. Ich lernte die Welt eines Spielzeug-Produzenten und Spielplatzbauers kennen und dass, was ich sah und erlebte imponierte mir sehr. Wir bauten Spielplätze in Europa und Japan, die Arbeit fühlte sich gut an und zeigte mir einen Ausweg aus meiner damaligen Produktdesignerkrise, denn ich wollte auf keinen Fall für VW Scheinwerfer, Wegwerf-Möbel für Ikea oder den nächsten portablen Computer für Apple designen.

Durch die Spielplätze schafften wir Plätze, die Menschen zusammenführen und öffentliche Orte nachhaltig prägen. Nach dem Bachelor, arbeite ich ein weiteres Jahr für Kellner.Spiel, wurde dann Vater, reiste nicht mehr viel und jobbte im Bioladen um die Ecke.

2018 zogen wir nach Halle, damit ich meinen Master an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein anfangen konnte. Es war toll – neue Menschen, neue Ideen und unendliche Möglichkeiten.

Im ersten Semester half ich bei der Entwicklung und Umsetzung einer Bauhaus-Mitmachausstellung für Kinder; es machte großen Spaß, und bis heute begleitet mich diese Erfahrung. 2021 entwickelte ich »zackig« und schloss mit diesem Projekt mein Studium ab.

Seitdem arbeite ich hauptberuflich als selbstständiger Designer.

Wenn du als Head of Design der weltweiten Gemeinschaft von Gestaltern etwas für ihre Arbeit empfehlen würdest – was wäre das?

Langlebig, reparierbar und sozialgerecht – darunter geht’s nicht, und geht nicht, gibt’s nicht.

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Simon Kurze

Foto-Credit:
Katarzyna Cholewinska

Kontaktiere Simon Kurze via E-Mail:
ed.dargleips@ezruk.nomis